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Hamburg

Das erste Mal war ich in Hamburg, als Udo dorthin gezogen war. Er nahm seine erste Platte auf, er sang Englisch. Abends war ich manchmal im Pö. Einmal habe ich dort eine Session auf den Congas von Otto, der damals mit Udo und Westernhagen zusammenwohnte, eine Session gespielt. Ich war beeindruckt und geschmeichelt. Lauter Leute, die gerade dabei waren, sich einen Namen zu machen. Ich hatte keinen. Ich war auf dem Sprung, die Welt zu bereisen. Dann war ich in Hamburg, um bei Rowohlt den Vertrag für meinen ersten Roman zu unterzeichnen. Auch da war ich beeindruckt. Allein das Wort Lektor beeindruckte mich. Ich war nur jemand, der einen Stapel Papier, das er beschrieben hatte, verkaufen wollte. Die arbeiteten für eine Firma von Ruf. Einmal war ich mit meiner Frau in Hamburg und wir landeten in einem Club, wo auf der Bühne gevögelt wurde. Ich war froh, dass sie bei mir war. Andernfalls hätten mich eine der dort arbeitenden Frauen über den Tisch gezogen. Ich hätte mich nicht wehren können. Dann waren wir mal mit der ganzen Familie in Hamburg. Wohnten im besten Viertel am Klosterstern, prominierten an Läden vorbei, in denen vieles teuer war, gingen auf einen wohl bestückten Markt bei der S-Bahn Station, und einmal, da war ich allein in der Stadt, sah ich Jamie Cullum im Stadtpark, es regnete in Strömen und als das Konzert vorüber war, nahm mich eine Frau an die Hand, in die ich mich auf der Stelle verliebte. Dann wieder war ich einmal in Hamburg, als mich der Lektor eines anderen Verlages eine dreiviertel Stunde warten ließ, um mich mit drei Sätzen auseinanderzunehmen. Ich hatte keine Sätze, um mich zu verteidigen. Zwei, drei Tage später hätte ich sie gehabt. So ein Beruf kann deprimierend sein. Aber er ist auch schön. Es führt einem vor, nach welch eitlen Maßstäben das Leben organisiert zu sein scheint. Hamburg also, wo wir in einem Strandcafé am Fluss saßen und den Spätsommer genossen. Hamburg, wo ich nicht war, als die Beatles dort waren. Und Hamburg, wo eine vom Dienst sagte, komm Jung, dreißig Mark. Ich traute mich nicht.

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