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werkstattbericht 6

Stimmt es, dass der erste Eindruck, den man gewinnt, wenn man jemanden sieht, den man nie vorher gesehen hat, richtig ist? Kann man sich auf seine Sinne verlassen?

Warum taucht dann nur in einem Bericht der Stadtgänge eine so drastische und unzweideutige Charakterisierung einer Person auf, die alle anderen auch gesehen haben?

Das war der Ausgangspunkt unserer gestrigen Werkstattdiskussion.

Erste Eindrücke?
Falls es stimmt, dass erste Eindrücke die richtigen sind, gibt es Kriterien, an denen man festmachen kann, dass jemand dies und ein anderer das ist? Welche sind das?

Woran erkennt man den Schriftsteller?
Haben Schrifsteller Bärte wie ich? Was tun sie überhaupt?
Jemand meinte, sie säßen den ganzen Tag herum, gäben Geld aus und warteten auf Inspiration?

Ich verneinte.
Ich behauptete, Inspiration habe nur einen geringer Anteil an schriftstellerischer Produktion, der Rest sei Arbeit, Knochenarbeit.

Die Diskussion gestern ging hoch, was Spaß gemacht hat, denn so sollte das sein in einer Literaturwerkstatt.

Ganz zu Anfang hatten wir vom Sehen gesprochen. Hatten darüber diskutiert, ob die Grundlage jeder literarischen Äußerung nicht voraussetzt, das eigene Sehen zu schulen. Eindeutige Antworten gab es nicht. Jedenfalls haben wir keine gefunden.
Und wie es so ist, wenn diskutiert wird: man kommt von Höksken auf Stöksken, jedenfalls behauptet das der Westfale.

Wie also geht man mit Geschichten um?
Weiß man vorher, wie sie enden, oder sind Geschichten unwägbar wie das Leben?
Auch hier gab es geteilte Meinungen?
Die einen sagten, wer A sagt, muss Z kennen, die anderen behaupteten, das müsse nicht sein.

Ist eine Geschichte planbar? - Nein.
Bedingt nicht der erste Satz alle anderen? - Ja.

Also hängt alles mit allem zusammen? - Ja.

Schon sind wir bei der Chaos Theorie. Wir reden uns die Köpfe heiß.
Wenn es nämlich stimmt, dass das eine mit dem anderen zusammenhängt, stimmt es auch, dass Geschichten mehr sind als Unterhaltung, oder? -

Wir machen einen Versuch. Wir schauen aus dem Fenster. Ein Mann nähert sich. Ich schlage vor, die Fenster zu öffnen und ihn lautstark und fröhlich zu begrüßen.
Gesagt, getan. Der Mann stutzt zunächst, dann schickt er uns ein freundliches Lachen zurück, winkt.

Wir haben also sein Leben berührt. Und er unseres. Ist damit unsere These, dass eines mit dem anderen zusammen hängt, ergo, dass Geschichten/Literatur etwas bewegen kann, bewiesen? -
Ja. Zumindest glauben wir das.

Reicht das als Erkenntnis für eine Werkstatt? - Ja. Ich denke schon.

Also, Texter, schreibt euch die Finger wund, wir sehen uns am 2.11.05.

 

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