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Tokio

Ich war noch benommen. Vier Wochen hatte ich Japans südliche Inseln bereist, Honchu, Shikoku, Kiushu, , vier Wochen ohne ein Wort Japanisch sprechen zu können, vier Wochen per Anhalter, und nun war ich wieder in Tokio. Hatte die letzten zwei Tage auf einer US-Air-Force Base ganz in der Nähe verbracht. Illegal, denn dass dort junge Deutsche unterkamen, war eigentlich nicht vorgesehen.
Trotzdem war es so gekommen.
In Kyoto nämlich, in der alten Kaiserstadt Kyoto, hatte ich - ich glaube, es war in einem Burger King - einen jungen Amerikaner kennengelernt. Ein Soldat, der in der Nähe Tokios stationiert war. Er fuhr einen Zweisitzer-Honda, ein klitzekleiner Roadster, der schon voll war, wenn eine Person einstieg, bei zwei Personen plus Gepäck wurde es kriminell.
Ich habe seinen Namen vergessen, sagen wir, er hieß John.
John kam mir gerade recht, denn mein Abflugtermin rückte näher und so war sein Angebot, mich mit auf die Air-Force Base zu nehmen, gerade richtig.
Sie war so etwas wie ein Sanatorium für US Soldaten, die Urlaub von Vietnam brauchten. Jedenfalls waren viele dort, die aus Südost-Asien hier Ferien machten.
John stellte mich all seinen Freunden vor.
Das Seltsamste an dieser Air-Force Base, die wie eine kleine amerikanische Stadt auf mich wirkte, waren die Gewohnheiten ihrer Bewohner. Vom Stationsarzt bis zum niedrigsten Rang kifften sie wie die Weltmeister. Ich sah Seesäcke voll mit Marihuana und war beeindruckt. So hatte ich mir die US Air-Force nicht vorgestellt.
Bis Tokio war es nicht mehr weit. Ich war dort verabredet. Ich würde die letzten Tage bei einem Amerikaner verbringen, bei dem ich schon nach meiner Ankunft vor vier Wochen gewohnt hatte. Ich hatte mir den Stadtteil aufgeschrieben, aber die japanische Vorstadt ist wie viele Vorstädte.
In diesem Falle waren es kleine Häuser an Straßen, die von ausbetonierten Abwassergräben gesäumt waren. Eines sah wie das andere aus. Schließlich glaubte ich, das richtige Haus gefunden zu haben, es war aber niemand zu Hause. Da es schon spät war, rollte ich meinen Schlafsack auf der Veranda hinterm Haus aus und legte mich schlafen.Eine, vielleicht zwei Stunden später, wurde ich geweckt. Der Bewohner des Hauses war gekommen. Zum Glück war es der, den ich erhofft hatte. Auch er kam gerade von einem kleinen Urlaub zurück.
So kam es, dass wir in dieser Nacht noch ein kleines Fest feierten.  
Zwei Tage später fuhr ich zum Flughafen und musste feststellen, dass mein Rückflug nach San Francisco überbucht war. Nach einigem Hin- und Her und der vorübergehenden Hoffnung, ich könne mein Rückflugticket in die USA gegen ein Ticket nach Indien tauschen (was zunächst positiv beurteilt wurde), sagte man mir schließlich, dass das doch nicht machbar sei, man mich aber für einen späteren Flug am Abend nach Los Angeles buchen könne. Ich sagte zu. Die Airline lud mich zu einem Abendessen im Flughafenrestaurant ein. Mein neuer Flug ging gegen Mitternacht. Zwischenstopp war Honolulu/Hawai. Ich fragte, ob ich den Flug dort unterbrechen könne, und man bestätigte mir, das sei kein Problem.
So kam es, dass ich in Hawai ausstieg und dort Bruno kennenlernte, mit dem ich schließlich bis Lima/Peru zusammen reiste. Doch das ist eine andere Geschichte.

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