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Ancona

Ein Spediteur hatte mich mit nach Mailand genommen. Dort hatte er mich an einen LKW-Fahrer weitergereicht, der fast bis nach Ancona fuhr. Auf dem Weg hatte der mir haarsträubende Geschichten über die Viper im Allgemeinen und ihr Vorkommen in dieser Gegend im Besonderen erzählt. Fünfzig Kilometer vor Ancona ließ er mich an einer Raststätte aussteigen. Ich versuchte, noch weiter zu kommen, war aber erfolglos. Also entschloss ich mich, die Nacht hinter einer Tankstelle zu verbringen. Ich war zum ersten Mal südlich der Alpen. Ich hörte seltsame Nachgeräusche. Und als über den Rasen plötzlich ein Skorpion auf mich zukroch, flüchtete ich. Der Tankwart erlaubte mir, in der Werkstatt der Tankstelle zu übernachten. Am Morgen trampte ich weiter und war gegen Mittag am Ziel. Ancona. Eine Burg über einer Bucht, eine Stadt, ein Hafen und die Erkenntnis, dass das Schiff, das mich über Griechenland nach Haifa bringen sollte, erst in drei Tagen fuhr. Es war noch früh im Jahr, Ende Februar, glaube ich, und die erste Nacht am Strand war bitter kalt. Am zweiten Tag lernte ich einen jungen Niederländer kennen, der nicht weit von Ancona eine kleine Hemdenfabrik leitete, die seinem Vater gehörte. Er bot mir an, in seinem Haus zu übernachten. Abends auf dem Dorfplatz sah ich Nachtfalter von der Größe ausgewachsener Amseln um die einzige Straßenlaterne kreisen. Auch das war mir unheimlich. Am nächsten Tag erkundete ich die Hügel ringsum. Als ich ein Rascheln im Unterholz hörte, erstarrte ich. Ich musste sofort an die Erzählungen des LKW Fahrers denken, brach meinen Spaziergang ab und lief schleunigst zurück ins Dorf. Am nächsten Tag schiffte ich mich nach Patras ein.

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